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Führungskräfte müssen mit Provokationen umgehen können

Führungskräfte befinden sich tagtäglich im intensiven Austausch mit ihren Mitarbeitern, ihren Kollegen, dem eigenen Chef und anderen Geschäftspartnern. Die meisten Gespräche dürften dabei in relativ entspannter Atmosphäre stattfinden. Der Umgangston ist freundlich und die Sachthemen stehen im Vordergrund. Viele Gespräche sind außerdem von gegenseitigem Zuhören und Wertschätzung geprägt. Ganz normale Kommunikationssituationen also, die zunächst einmal keine besondere Aufmerksamkeit der Führungskraft benötigen.


Doch natürlich gibt es auch Gespräche, die in angespannterer Situation stattfinden. Das geht über unterschiedliche Sachmeinungen hinaus. Gemeint sind Gespräche, die einen beginnenden Konflikt signalisieren, bei dem sich der Gesprächspartner in seinen Ziele, Interessen, Bedürfnissen oder Werthaltungen beeinträchtigt fühlt. Bringen er oder sie dieses gegenüber der Führungskraft zum Ausdruck, dann sind immer auch Emotionen im Spiel wie Ärger oder Angst und diese brechen sich im Gesprächsverlauf und in der Wortwahl Bahn.


Bei vielen Gesprächen kommt es dann gewollt oder ungewollt gerade zum Start des Gespräches zu Provokationen, also Übertreibungen, Zuspitzungen und mehr oder weniger verdeckten Angriffen auf den Gesprächspartner oder andere Personen oder „das Unternehmen“ insgesamt.


In diesen Fällen braucht es erhöhte Aufmerksamkeit der Führungskraft, denn mit solchen Provokationen und den dahinter stehenden Emotionen muss sie umgehen können. Ein nicht funktionaler Umgang mit diesen Provokationen schwächt entweder die Position der Führungskraft oder führt zu einer weiteren Eskalation oder sogar beides. Dabei ist Aufgabe der Führungskraft genau in diesen Situationen die eigene Position zu stärken und die Eskalation wenn möglich zu vermeiden.


Nicht-funktionale Reaktionen auf Ärger und Provokation eines Mitarbeiters oder Kollegen sind die Rechtfertigung, der Gegenschlag oder das Ignorieren. Während Rechtfertigung und Ignorieren die Führungskraft defensiv oder schwach erscheinen lassen – das Ignorieren ist nichts anderes als eine Flucht aus der Situation und der eigenen Rollen-Verantwortung – führt der Gegenschlag zwangsläufig zur Eskalation. Wird die jeweilige Reaktion womöglich noch von anderen beobachtet, zieht die Schwächung der eigenen Person sogar noch weitere Kreise.


Selbstsicheres Auftreten mit der richtigen Reaktion auf die Provokationen dagegen stärkt die Führungskraft und gibt die Möglichkeit, den beginnenden Konflikt schon ganz zu Beginn zu bearbeiten und bestenfalls zu lösen, wenigstens aber zu entschärfen.


Die richtige Reaktion auf eine Provokation besteht darin, die Ansprache des Mitarbeiters im ersten Schritt anzunehmen und nicht abzublocken, jedoch ohne bereits auf inhaltliche Themen einzugehen und damit in den Rechtfertigungsreflex zu verfallen. Bedanken Sie sich, dass der Mitarbeiter das Thema anspricht, wiederholen Sie, was der Mitarbeiter gesagt hat, um sicher zu gehen, dass sie ihn richtig verstanden haben. Bekunden Sie Interesse für das Thema.


Danach fragen Sie gezielt beim Mitarbeiter nach, um weitere Informationen zu bekommen und um einschätzen zu können, worum es wirklich geht und wie wichtig dem Mitarbeiter das Thema ist. Gerade weil in der Provokation gerne verallgemeinert, zugespitzt und auch übertrieben wird, kann nur durch Nachfragen das Thema konkreter gefasst werden. Was meinen Sie genau? Worum geht es Ihnen jetzt? Wann und wo genau ist dieses oder jenes passiert? Unter Umständen können Sie auch noch einen Schritt weiter gehen, und den Ball ins Feld des Mitarbeiters zurück spielen: Wie könnte denn aus Ihrer Sicht eine Lösung aussehen? Was schlagen Sie vor, was jetzt zu tun ist?


Erst wenn Sie in der 2. Phase ein genaueres Bild des Themas bekommen haben, sollten Sie über die nächsten konkreten Schritte entscheiden. Können Sie das Thema jetzt und sofort klären oder lösen, dann tun Sie das. Wenn Sie erst noch weitere Informationen beschaffen oder die Hintergründe prüfen müssen, über das Thema erst nachdenken oder mit anderen involvierten Personen darüber sprechen wollen, dann vermeiden Sie direkte Aussagen im Thema und vereinbaren Sie einen konkreten nächsten Schritt, zum Beispiel einen späteren Rückruf oder vereinbaren Sie einen separaten Termin mit dem Mitarbeiter, um das Thema weiter zu besprechen.


Mit diesem Vorgehen stellen Sie sicher, dass sich der Mitarbeiter wahrgenommen und wertgeschätzt fühlt. Sie vermeiden die Rechtfertigungsposition, schaffen Klarheit zur Situation und bestimmen selbst über die weiteren konkreten Schritte. So stärken Sie Ihre Rolle als Führungskraft und stellen sicher, dass Mitarbeiter bei wichtigen Themen, diese auch ansprechen und so unter Umständen wichtige Sachverhalte nicht vor Ihnen verborgen bleiben.


Zum Thema „Reaktion auf Provokationen“ heute die folgenden 5 reflektierenden Fragen:


1. Wie geht es mir damit, wenn meine Mitarbeiter sich über etwas ärgern und dies provokativ ansprechen?

2. Wie vermeide ich Reaktionen wie Rechtfertigung, Gegenschlag und Ignorieren?

3. Wie lautet mein erster Satz auf die Provokation?

4. Wie lautet meine erste Frage, um mehr Klarheit in die Situation zu bringen?

5. Wie oft setze ich selber Provokationen einen, wenn ich für mich kritische Themen anspreche?


Wie immer wünsche ich ein schönes Wochenende und viel Glück und Erfolg bei allem, was Ihr tut.

Ihr Frank Bönning

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