Im Coaching behandle ich sehr oft mit meinen Klienten die Frage nach der „Rolle“ einer Führungskraft, insbesondere zu den unterschiedlichen Erwartungen, die im „System“ Unternehmen an diese Rolle direkt oder indirekt formuliert werden. Fast immer taucht in diesem Zusammenhang die Frage auf, ob die Führungskraft mit der Übernahme einer „Rolle“ nicht eigentlich wie ein Schauspieler agiert und ihrem Umfeld eine „Rolle“ vorspielt.
So passend das Bild der „Rolle“ auch ist, um der Führungskraft deutlich zu machen, dass sie – egal was sie tut und was sie sagt – immer auch nach dieser „Rolle“ beurteilt wird, so unpassend ist der Begriff „Rolle“ wenn es um das Thema „Authentizität“ geht. Aus meiner Sicht ist es unerlässlich, dass jede Führungskraft ein authentisches Verhalten an den Tag legt und sich nicht verstellt und nur eine Rolle „spielt“.
Leider glauben viele Führungskräfte, dass genau das von Ihnen (auch) verlangt wird. Oft orientieren sie sich dabei an der Führungskultur im Unternehmen oder konkreter am Verhalten der Kollegen in vergleichbaren Funktionen oder noch häufiger am Verhalten des eigenen Vorgesetzten.
Problematisch wird dies, wenn die Führungskraft beim „Spielen“ dieser Rolle ständig gegen eigene Überzeugungen und Werte handeln muss oder glaubt handeln zu müssen. Das Imitieren anderer Führungsstile kostet Kraft und Energie und ist auf Dauer nicht durchzuhalten. Zudem haben Mitarbeiter ein sehr gutes Gespür, ob das Verhalten einer Führungskraft authentisch ist, also Verhalten und Haltung der Führungskraft zusammenpassen und in verschiedenen Situation konsistent ist oder ob dieses Verhalten nur vorgespielt und situativ ist.
Keine Führungskraft wird es schaffen, ihren Mitarbeiter glaubhaft echte Wertschätzung entgegen zu bringen, wenn sie in ihrem Innersten diese Wertschätzung nicht wirklich empfindet. Keine Führungskraft wird glaubhaft den „Macher“ spielen können und Themen antreibend nach vorne bringen, wenn sie eigentlich die Verantwortung dafür nicht will und keine Führungskraft wird einem Mitarbeiter interessiert zuhören, wenn sie das Thema nicht tatsächlich interessiert.
Seinen Mitarbeiter hier etwas vorspielen zu wollen und auch noch zu erwarten, dass die Mitarbeiter dies nicht merken, ist einer der größten Führungsfehler, die eine Führungskraft machen kann, denn Respekt und Loyalität wird eine Führungskraft dann nicht mehr erwarten können. Zudem werden Führungskräfte, die eine „Rolle“ gegen ihre eigentlichen Überzeugungen nur spielen unberechenbar, denn insbesondere unter Druck, wird die Rolle fallen und die wahren Überzeugungen zum Vorschein kommen. Die Führungskraft zeigt damit zwei Gesichter und letztendlich unter Druck ihr „wahres“ Gesicht.
Daher ist es so wichtig, authentisch zu sein. Es kostet viel weniger Energie, die Mitarbeiter wissen, woran sie sind und können sich auf ihre Führungskraft einstellen und durch authentisches Auftreten gewinnt die Führungskraft automatisch Vertrauen. Authentisch zu sein hat damit nur Vorteile.
Inwieweit die Führungskraft mit ihrem authentischen Auftreten dann insgesamt ins Unternehmen und in das sie umgebende System passt und welche Reaktionen dies im Zweifel beim Chef und bei Kollegen auslöst ist eine ganz andere Frage.
Stellen Sie sich doch daher einmal die folgenden 5 Fragen zum Wochenende:
1. Wie authentisch zeige ich mich gewöhnlich gegenüber meinen Mitarbeitern?
2. Wie authentisch zeige ich mich gewöhnlich gegenüber meinem Chef?
3. Welche Situationen führen dazu, dass ich mich „verstelle“?
4. Wie berechenbar ist mein Verhalten für mein Umfeld?
5. Was muss passieren, damit ich unberechenbar werde?
Wie immer wünsche ich ein schönes Wochenende und viel Glück und Erfolg bei allem, was Sie tun.
Ihr / Euer Frank Bönning
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