Führungskräfte geraten immer wieder in eine Falle, die sie sich zusammen mit ihren Mitarbeitern selber stellen. Sie verstricken sich in viel zu vielen Maßnahmen und Maßnahmenplänen und gehen zu viele Dinge gleichzeitig an. Dies hat fatale Folgen in vielerlei Hinsicht. Führungskräfte müssen sich daher die Selbstdisziplin auferlegen nicht mit immer mehr sondern mit viel weniger Maßnahmen zu führen.
Die Vorgehensweise ist klassisch. Egal ob Strategieerarbeitung, Umsatzoffensiven, Kosteneinsparungsprogramme oder jede Form andere Form von Veränderungsprozessen und Projekte: Nach Zieldefinition und Analyse lassen die Beteiligten ihrer Kreativität freien Lauf und definieren in ihrer Euphorie eine Vielzahl von Maßnahmen zur Zielerreichung. Obwohl fast alle dieser Maßnahmen einen richtigen und guten Kern haben, geraten in der Regel drei Dinge aus dem Blick, die am Ende nicht zu einem erfolgreichen Abschluss des Themas führen sondern wahlweise eine hohe Drehzahl im Leerlauf oder ein Versanden bewirken, in jedem Fall aber sehr viel Frust und Ressourcenverschwendung produzieren.
Zunächst gerät das Pareto-Prinzip aus dem Blick, also der Umstand, dass mit 20% des Aufwandes 80% des Ergebnisses produziert werden und das für die restlichen 20% zur perfekten Lösung noch einmal 80% des Aufwandes investiert werden müssen. Der Effekt: Viel zu viele Maßnahmen.
Die viel zu vielen Maßnahmen leiden dann zweitens auch noch darunter, dass mit ihrer Vielzahl auch das Problem der Priorisierung und zwangsläufig auch die Gefahr von Zielkonflikten steigt.
Drittens treffen die Maßnahmen – und das gilt auch für den Fall, dass es die richtigen Maßnahmen und auch nicht zu viele sind – immer auf knappe Ressourcen. Aus irgendeinem Grund scheinen viele Führungskräfte zu erwarten, dass sich das Tagesgeschäft oder zuvor gestartete Projekte nebenher erledigen und das immer, wirklich immer, genug Ressourcen (also Know-How und vor allem Arbeitszeit) zur Verfügung stehen, auch das nächste Thema „On-top“ zu stemmen, wobei es häufig die Leistungsträger trifft, die aufgrund ihrer hohen Qualifikation mit weiteren Aufgaben "belohnt" werden.
Da die oben genannten drei Effekte meist gemeinsam auftreten sind die Folgen fatal. Zu viele, nicht ausreichend priorisierte Maßnahmen treffen auf nicht vorhandene bzw. angespannte Ressourcen und kollidieren mit dem Tagesgeschäft und anderen bereits laufenden Projekten.
Die Reaktion des sozialen Systems Unternehmen lässt nicht lange auf sich warten. Maßnahmen verschwinden entweder still und heimlich von der Agenda oder bereits laufende Maßnahmen werden ohne jeden Mehraufwand elegant der neuen Zielstellung zugeordnet („Das machen wir doch schon.“). Ressourcen werden investiert, Maßnahmen so erscheinen zu lassen, als würden sie umgesetzt, obwohl in Wirklichkeit gar nichts passiert oder die Maßnahmen werden umgesetzt auf Kosten anderer, möglicherweise für das Unternehmen sogar wichtigerer Themen. In jedem Fall entsteht Frust, Überlastung oder Demotivation. Wenn dann die Führung mit noch mehr Maßnahmen-Kontrolle und mit noch mehr Reviews und Maßnahmen-Berichtswesen reagiert, ist das Kind nicht schon längst in den Brunnen gefallen sondern auch jämmerlich ertrunken.
Das es dazu nicht kommt, ist Aufgabe jeder Führungskraft. Sie muss nicht nur die vorhandenen Ressourcen im Blick haben sondern darauf achten, dass nur die Maßnahmen umgesetzt werden, die unbedingt nötig sind, die ersten 80% des Ziels zu erreichen. Weniger ist also mehr. Gleichzeitig muss sie den Blick für die Herausforderungen des Tagesgeschäftes haben und die bestehende Projektlandschaft kennen und steuern. Dazu gehört auch, bestimmte Projekte gar nicht oder erst später zu starten, also auch einmal „Nein“ zu sagen, auch wenn das der Chef nicht gerne hört. Sind die einzelnen Projekte und Themen unverzichtbar, dass ist es die Aufgabe der Führungskraft für zusätzliche Ressourcen zu sorgen, oder aber Ressourcen frei zu spielen, indem andere Themen gestoppt oder pausiert werden.
Zum Thema Maßnahmenplanung und Ressourcensteuerung heute die folgenden Fragen:
1. Wie oft wende ich das 80/20-Prinzip konsequent in Maßnahmenplänen an?
2. Wie gut kenne ich die laufenden Projekte in meinem Bereich?
3. Wann habe ich das letzte Mal ein Projekt gestoppt oder pausiert?
4. Wonach priorisiere ich Projekte und Maßnahmen in meinem Bereich?
5. Wie stelle ich sicher, dass Maßnahmen nicht nur zum Schein umgesetzt werden?
Wie immer wünsche ich ein schönes Wochenende und viel Glück und Erfolg bei allem, was Sie tun.
Euer / Ihr Frank Bönning
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