Führungskräfte müssen tagtäglich Entscheidungen treffen. Einige davon können von erheblicher Tragweite sein und große Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens oder auf das persönliche Umfeld eines Mitarbeiters, Kollegen, des eigenen Chefs oder Geschäftspartner haben.
Viele Führungskräfte bemühen sich, diese Entscheidungen auf Basis möglichst objektiver Zahlen, Daten und Fakten zu treffen. Bei unsicheren Entscheidungssituationen werden zudem Annahmen zu Wahrscheinlichkeiten sowie Risiken und Chancen ins Kalkül gezogen. Manch eine Entscheidung läuft in einem „Best Case“ und „Worst Case“ Szenario ab und oft ist es ein Abwägen zwischen den möglicherweisen positiven und den möglicherweisen negativen Folgen der einen oder der anderen Entscheidungsalternative. Am Ende steht eine Entscheidung und in den meisten Fällen wird die Führungskraft für sich in Anspruch nehmen, sie habe die Entscheidung weitgehend rational und auf Basis objektiver Zahlen, Daten, Fakten und rationaler Annahmen getroffen.
Doch entspricht dieser rationale Ansatz der Entscheidungsfindung wirklich der Wahrheit oder machen sich die Führungskräfte in Wirklichkeit nur vor, sie hätten eine Entscheidung vor allem rational getroffen? Ich behaupte: Eine rein rational getroffene Entscheidung gibt es gar nicht und ich gehe sogar noch weiter. Alle wirklich wichtigen Entscheidungen werden alles andere als rein rational getroffen sondern den Ausschlag gibt am Ende immer der emotionale Aspekt, das Bauchgefühl.
Führungskräfte tun gut daran, sehr gut auf dieses Bauchgefühl zu hören, denn das Bauchgefühl entsteht nicht einfach so oder entsteht leichtfertig, sondern es bündelt und reflektiert alle unsere Erfahrungen, Motive, Werte und Persönlichkeitsmerkmale. Jeder von uns kennt doch die Situation, dass sich eine Entscheidung einfach richtig anfühlt, auch wenn es gute Gründe gibt, die eigentlich dagegen sprechen oder das uns bei anderen Entscheidung „irgendwie unwohl“ ist, obwohl alle rationalen Argumente dafür zu sprechen scheinen.
Natürlich kann das Bauchgefühl irren. Natürliche können Motive oder Erfahrungen oder Persönlichkeitsmerkmale, die wir haben in einer bestimmten Entscheidungssituation nicht hilfreich oder nicht funktional sein. Dann gilt es aber nicht diese auszublenden, sondern in drei Schritten die Stärken zu nutzen, die in diesem Bauchgefühl liegen und die möglichen Risiken zu minimieren.
Im 1. Schritt sollte die Führungskraft lernen, die Situationen überhaupt zu erkennen, in der die Gefahr sehr groß wird, dass das Bauchgefühl in die Irre führt und die darauf resultierenden negativen Folgen (zu) gravierend sein können.
Im 2. Schritt gilt es, diese erkannte kritische Situation nicht alleine zu beurteilen, sondern sich einen Sparringspartner zu suchen der in der finalen Entscheidungsfindung hilft und der mit seiner Grundeinstellung ausgleichend auf das eigene Profil wirkt. Wer als Führungskraft weiß, dass er gerne aus dem Bauch heraus sehr risikoreich bei Kundenaufträgen agiert, der sollte sich in Entscheidungssituation ab einem bestimmten Auftragsvolumen immer jemanden an die Seite holen, der in seiner Grundeinstellung eher vorsichtig agiert.
Wer weiß, dass er in wichtigen Entscheidungssituationen manchmal zu zögerlich und vorsichtig ist, sollte sich einen Sparringspartner suchen, der eher treibend und schnell Entscheidungen trifft. Im ernsthaften Gespräch auf Augenhöhe zwischen den Beteiligten wird dabei die Möglichkeit eines Perspektivwechsels geschaffen und bewusst in Kauf genommen, dass der Sparringspartner das Thema ganz anders sieht. Das ist in jedem Fall der bessere Weg, als eine mögliche Entscheidung nur mit denen zu besprechen, die genauso ticken. Das führt zwar in der Regel zu einer schnellen Bestätigung der eigenen Sicht, führt aber nicht zu der gewollten kritischen Auseinandersetzung mit der Situation.
Der 3. Schritt ist dann – und das gilt grundsätzlich für jede wichtige Entscheidung, die dies erlaubt: Eine Nacht darüber zu schlafen und dann zu entscheiden oder ggf. noch weitere Informationen einzuholen, um die Entscheidung abzusichern.
Zum Thema emotionaler Entscheidung und dem Umgang mit dem eigenen Bauchgefühl heute die folgenden Fragen:
1. In welchen Situationen höre ich vor allem auf mein Bauchgefühl?
2. In welchen Situationen bin ich besonders anfällig, dass mich mein Bauchgefühl täuscht?
3. Wen kann ich in solchen Situationen als Sparringspartner bei der Entscheidungsfindung nutzen?
4. Was gewinne ich, wenn ich vor einer wichtigen Entscheidung noch einmal eine Nacht darüber schlafe?
5. Welche Rolle spielt das Bauchgefühl bei meinem Chef?
Wie immer wünsche ich ein schönes Wochenende und viel Glück und Erfolg bei allem, was Ihr tut.
Euer / Ihr Frank Bönning
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